Marc Broussard – Carencro (2004)

„Das kann nicht sein!“ – „Das darf doch nicht wahr sein!“ – „Wie geht denn bitte sowas?!“ Gedanken wie diese schießen durch den Kopf, wenn man die ersten zwei, drei Songs auf „Carencro“ hört: Da singt und spielt ein Kerl, der sich anhört wie ein erfahrener, whiskeyerprobter, leicht verlebter Soulsänger in seinen Vierzigern. In Wahrheit handelt es sich aber um einen 22jährigen, der aussieht wie der kleine schüchterne Bruder von Ben Affleck. Die Rede ist von Marc Broussard, der angenehmsten Überraschung seit langem.

Marc sang, so will es die Plattenfirmenlegende, schon im Alter von fünf Jahren wie ein kleiner Gott, damals wars „Johnny B. Goode“, später lernte er im Kirchenchor von Carencro, Louisiana seine Stimme geschickt einzusetzen. Naja, und wenn Papa und Opa auch leidenschaftliche Hobbymusiker sind, dann war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis Klein-Marc auch zur Klampfe greifen sollte um eigene Songs zu schreiben. Die klingen dann, als hätten ihm seine Eltern schon als Kleinkind statt Gutenachtlullabies die wichtigsten Platten von Marvin Gaye und Otis Redding vorgespielt. Bluesiger, souliger Rock ist das, der mal etwas leichtfüßig-poppiger daher kommt (wie etwa in „The Beauty Of Who You Are“ oder der Single „Where You Are“), oft aber auch erdig-rotzig und dreckig wirkt (wie im Monster-Opener „Home“).

„Carencro“, nach der nicht minder empfehlenswerten Independent-Veröffentlichung „Momentary Setback“ Broussards Major-Debüt, ist ein Stelldichein der kleinen Glücksmomente. Sicher, der Knabe weiß, mit was für einer Hammerstimme er gesegnet ist. Aber er überspannt den Bogen nicht, hier wird nie das Mittel zum Zweck. Immer sind es die Songs, die überzeugen. Immer ist es der Groove, der mitreißt. Und immer sind es die adäquaten Arrangements, die dieses Album zu einem einzigen Vergnügen machen. Diese Stimme bringt den geneigten Hörer dazu, zu feiern wie noch nie zuvor in seinem Leben. Um ihn im nächsten Track sanft, warm und geradezu zärtlich zu umschwärmen.

Müsste ein einziger Song genügen, um Marc Broussard zu charakterisieren, es wäre sicherlich „Come Around“. Was für eine sexy Melange aus kratzigem Rock und geschmeidigem Soul: „Baby you can use me any way that you enjoy / You know how to groove me / I’m dancing like a little boy.“ Wenn heutzutage schon Menschen behaupten dürfen, der Deutsche Max Mutzke hätte für sein Alter (20 oder so) mehr Soul als manche Künstler in ihrem ganzen Leben, dann erlaubt sich der euphorische Verfasser dieser Zeilen zu konstatieren: Marc Broussard hat mehr Soul in seiner rechten Arschbacke als Max Mutzke im ganzen Körper. Ohne Zweifel die Neuentdeckung des Jahres!

Studio zu verkaufen! Schnäppchenpreis!

Lalalalassteuchnichtveraaarschen: Für den Freudichpreis von 1.700.000 Dollar gibts bei ebay derzeit ein wahrhaft historisches Studio in Woodstock, New York! Nicht irgendeine moderne Produktionsbude, sondern ein Haus, das Musikgeschichte geschrieben hat. Die Rolling Stones, Bob Dylan, Eric Clapton, George Harrison, Muddy Waters, Dave Matthews Band, Iggy Pop, Blondie, The Pretenders, Phish, R.E.M, Jeff Buckley, Metallica und Blues Traveler sind nur einige Acts, die hier schon feine, feine Platten gemacht haben.

Tja, und nun gibts die historische Hütte (übrigens hübsch im Grünen gelegen) zu kaufen: hier gehts lang!

(via blackcat List)

Rock Hard Times: Band Aid Reloaded / Travis / William Shatner / The The-Bands

Erst kürzlich hab ich in dieser Rubrik etwas über die „Band Aid“-Neuauflage gespöttelt. Inzwischen ist die Single erschienen, und die Produktion war wohl überschatten von allerlei Gezeter und Stargehabe… Die Netzeitung hat die schönsten Anekdoten rund um die „Do They Know It’s Christmas 2“-Produktion gesammelt:

Ex-Beatle Paul McCartney durfte (offenbar auf vielfachen Wunsch) nicht mitsingen, mit der offiziellen Begündung, dass man ja eine neue Generation von britischen Künstlern habe versammeln wollen. Immerhin düfte er den Initiator gekannt haben. Sängerin Joss Stone, zarte 17, wiederum hatte noch nie von Geldof gehört und nannte ihn angeblich «Bob Gandalf».

Mehr Sonderbarkeiten zu „Band Aid Reloaded“ gibts hier!

Auch wenn das letzte Album von Travis, verglichen mit immergrünen Alben wie „The Man Who“ und Co, eher schwach war – die Band, die alle lieb haben, hat jetzt eine Art „Best Of“ auf den Markt geworfen. Und die Jungs und Mädels von Laut.de haben Dougie, den Bassisten, am Telefon gehabt und ganz angeregt mit ihm über die Singles-Compilation und alle anderen wichtigen Themen dieser Welt geplauscht:

Wie fühlt es sich denn so an, mit der ersten Singles Collection im Rücken?

Ähm, es ist sehr interessant. Innerhalb der Band tendieren wir ja eher dazu, unsere eigenen Songs nicht allzu oft anzuhören. Vielleicht wegen Steve Lillywhite, dem Produzenten unserer ersten Platte. Der sagte einmal: „Jungs, macht, was ihr wollt. Aber was mich betrifft, höre ich mir mein eigenes Zeug nie an.“ Ich fragte warum, und er antwortete:
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Der Rolling Stone hat sie: die "500 Greatest Songs Of All Time"

Der US-Rolling Stone hat Musiker, Produzenten und andersweitig im Musikgeschäft tätige nach deren Lieblingssongs befragt. Herausgekommen ist eine recht interessante Liste mit den – soviel Selbstbewußtsein hat der Stone einfach mal – „500 größten Songs aller Zeiten“. Soviel sei verraten: der Gewinnersong ist dann doch eine Überraschung. In jedem Fall ist die Liste eine nette Lektüre und es ist auch ganz beruhigend zu lesen, dass die „größten“ Songs nicht immer zwingend auch die kommerziell erfolgreichsten sind.

Hier gehts zu den „500 Greatest Songs Of All Time“.

NP: The Smooth Sounds Of Josh Rouse (2004)

Mann, Mann, Mann: manchmal scheinen die Tage viel zu kurz. Es fehlt einfach die Zeit, all die gute und schöne Musik zu genießen, die überall auf dieser Welt gemacht wird. Und so kommt es, dass ich Musikern wie Josh Rouse in der Vergangenheit geradezu sträflich wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht habe.

Dabei hat dieser auf den ersten Blick unglaublich schüchtern wirkende Mensch in diesem Jahr eine DVD veröffentlicht, die einfach nur empfehlenswert ist. Sanfte, intelligente Songs, gefühlvoll gesungen, nie langweilig, nie plump. Brillianter Sound, angenehme Clubatmosphäre – toll, was man hier bestaunen darf. Die meisten Songs in diesem Konzertmitschnitt sind Stücke aus Joshs gefeiertem Album „1972“, das im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde.

Popmusik der leiseren, unaufdringlichen Sorte. Clevere Satzgesänge, glasklare und warme Arrangements und schöne Melodien sorgen für ein entspanntes, der kalten Jahreszeit ein gerüttelt Maß an Wärme und Geborgenheit entgegensetzendes Vergnügen.

„The Smooth Sounds Of Josh Rouse“ machen Lust darauf, diesen bei längerem Betrachten dann schon gar nicht mehr so introvertierten Kerl näher kennenzulernen, in seine vier bisher erschienene Alben reinzuhören und sich mit seiner Sicht auf die Welt zu beschäftigen.

Bis ich dazu die Zeit finde, begnüge ich mich aber erstmal gerne mit dieser Rundumglücklich-Packung: DVD mit Konzert und Dokumentation, und dazu noch eine ganze Bonus-CD voll mit Raritäten und Outtakes. Und wenn diese Stücke schon Raritäten sind, dann bin ich auf die regulären Arbeiten gespannt wie Bolle. Spread the love vibration!

Mixtape 6: Novembersongs

Endlich mal wieder ein neues Mixtape: voller melancholischer, bisweilen dann doch auch heiterer Songs, einzunehmen bei erstem Schneefall und dräuenden Spätherbstdepressionen… Weil viele der Songs und Künstler mich in den letzten Wochen beschäftigt haben, gibts auch eine Menge Links zu älteren Einträgen in diesem Weblog – einfach auf die Links klicken und mehr erfahren (psst: bisweilen gibts auch ganze Songs als Downloads).

01 OLLI SCHULZ UND DER HUND MARIE – DURCH DIE NACHT
In diesen Song habe ich mich einfach verliebt. Er hat ja so Recht, der Herr Schulz – jeder braucht bisweilen einen Song, der ihn gut durch die Nacht bringt…

02 DONAVON FRANKENREITER – IT DON’T MATTER
Die Biographie von Donavon Frankenreiter liest sich ganz ähnlich der Biographie des Jack Johnson – früher mal Surfer gewesen, irgendwann die Liebe zur Musik entdeckt und einfach mal ein paar Lieder geschrieben. Kein Wunder, dass die beiden Herren sich gut kennen und mögen und auch noch sehr verwandt klingen. Auch das mag Gründe haben: schließlich hat Jack Donavons Album produziert. Ein geradezu sommerliches, fröhliches Lied mitten im unwirtlichen deutschen Winter – tut gut.

03 NADA SURF – BLONDE ON BLONDE
Die Indie-Rocker mit einer ehrlich anrührenden Ballade, die Dich für ein paar Minuten fesselt, in eine behütete, gute Welt entführt und Dich zärtlich umgarnt.

04 NIELS FREVERT – JETZT FÜR IMMER

Niels ist und bleibt für mich der beste deutsche Songschreiber. Diese Texte, die Dich mitten ins Herz treffen, Dich sinnieren lassen und Dir so oft aus der Seele sprechen: Wir sind die Vorbeitaster… Und falls man für diesen Song noch extra Pluspunkte vergeben müsste: Noch nie hat jemand so leidenschaftlich das Wort „LED-Digitaluhr“ gesungen. Aus seinem entzückenden 2003er Album „Seltsam Öffne Mich“.

05 G. LOVE – BACK OF THE BUS
Ganz klar mein Hit des Herbstes 2004 – G. Love ist mit „The Hustle“ wieder da und hat einen ganzen Sack voller toller neuer Songs im Gepäck. „Back Of The Bus“ bringt die gute Laune nach Hause, die man aufgrund widriger Wetterumstände einfach nicht von alleine haben könnte…

06 CHRIS & KATE – RESIST WAR
Einer von zwei gelungenen „Protestsongs“ auf diesem Mixtape. Chris & Kate singen leidenschaftlich davon, wie sie Gewalt, Krieg und Unrecht widerstehen möchten. Keine Ahnung, wie das die Amerikaner immer hinbekommen – aber Protestsongs wie diese klingen eben nicht peinlich, aufgesetzt und moralinsauer, sondern ehrlich, herzlich und sympathisch.
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Süddeutsche Zeitung Klassik – Klavier Kaiser (2004)

Das ist vielleicht DER Trend des Jahres 2004 bei den Printmedien: Publikationen und Veröffentlichungen, die über das eigentliche Angebot (Tages- oder Wochenzeitung) hinausgehen, zu günstigen Preisen und quasi als Sammlerstücke konzipiert. Die Zeit gibt seit zwei Wochen ein Lexikon in zwanzig Bänden heraus, der Stern will Filmklassiker als Billig-DVDs feilbieten und selbst die Bild-Zeitung veröffentlicht inzwischen jede Woche einen „Bestseller“ zum Schnäppchenpreis am Kiosk.

Pionier dieses Trends war im Frühjahr 2004 allerdings die Süddeutsche Zeitung – seit März gibts jeden Samstag am Kiosk einen Roman des 20. Jahrhunderts für 4,50 Euro, insgesamt 50 Bände wird diese „Süddeutsche Bibliothek“ umfassen. Welch genialer Marketingschachzug, welch gelungenes Mehrwertgeschäft: ja, die Bücher sind hochwertig, die Aufmachung edel und die Inhalte sprechen für sich (von Paul Auster bis Hermann Hesse finden sich in dieser Reihe in der Tat jede Menge lohnenswerte Autoren).

Aber das scheint für die SZ erst der Anfang eines wunderbaren neuen Geschäftszweiges gewesen zu sein, denn seit einigen Wochen setzen die Münchner noch einen drauf: sie haben den „Klavier Kaiser“ veröffentlicht, ein „Standardwerk der klassischen Klaviermusik“ auf 20 CDs, ausgewählt und kommentiert vom bekannten SZ-Redakteur Prof. Dr. Joachim Kaiser. Von Arthur Rubinstein bis Glenn Gould werden hier vierzehn Weltklassepianisten und einige ihrer besten Aufnahmen vorgestellt, das ganze in einer edlen und sympathischen Aufmachung.

Klar, die Süddeutsche wirbt damit, dass der „Klavier Kaiser“ ein „ideales Weihnachtsgeschenk“ wäre und zielt ganz klar auf das anstehende Jahresendgeschäft ab. Aber in der Tat ist die Box eine absolut lohnenswerte Anschaffung: die Aufnahmen sind hochwertig, die Kommentare zu den jeweiligen Interpreten profund und zuverlässig. Originell sind die Audiokommentare am Ende jeder Ausgabe – der Herr Professor referiert durchaus amüsant und leidenschaftlich über das in der Stunde zuvor Gehörte bzw. Genossene.

Klar, 98 Euro sind eine Menge Holz. Aber immerhin erhält man 20 (!) hochwertige CDs. Der „Klavier Kaiser“ ist Gott sei Dank mehr als ein gutaussehendes Möbelstück für den anspruchsvolleren Kioskbesucher. Er ist eine Fundgrube für Liebhaber und Freunde klassischer Klaviermusik und ein Traum für Klassik-Einsteiger und -Neulinge.

(c) für die Abbildung des „Klavier Kaiser“ bei der Süddeutschen Zeitung.

NP: Howie Day – Stop All The World Now (2003)

Über ein Jahr hat „Stop All The World Now“ inzwischen auf dem Buckel – das zweite Album des Bostoner Wunderkindes Howie Day. Angefangen hat er in den Bars der Staaten, coverte seine Lieblingssongs und mischte hier und da mal einen eingenen Song ins Repertoire. Inspiriert durch den Sänger Joseph Arthur ging Howie bald dazu über, bei seinen Soloshows einen Sampler einzusetzen, um so mit seiner Stimme und seiner Gitarre fast eine „ganze Band“ imitieren zu können – die Bonus-DVD der „Madrigals EP“ hat diese sensationellen Livekünste einst beeindruckend eingefangen.

Hier aber, auf „Stop All The World Now“, hatte sich die Plattenfirma nicht lumpen lassen. Hat den Howie, dessen Debüt „Australia“ Kritiker wie Fans gleichermaßen beeindruckte, mal eben nach England geschickt, um dort mit Top-Produzenten und -Musikern zu schreiben, zu texten und vor allen Dingen – ein neues Album einzuspielen.

Eine Investition, die sich mehr als gelohnt hat: „Stop All The World Now“ ist eine Platte wie aus einem Guß. Elf mal großer Pop mit ehrlichen Texten, großen Emotionen und hier und da auch mal zuckersüßen Streichern oder sanften Akustikgitarren. Verblüffend, zu welcher Leidenschaft, Sehnsüchtigkeit und Melancholie dieser Mitt-Zwanziger im Stande ist. Was alles zusammenfügt auf dieser Platte ist die grandiose Gesangsleistung des Howie Day. Was für eine Stimme – diese paradoxe Mischung aus Wärme, Hingabe und Coolness ist schlicht und ergreifend sexy.

„Stop All The World Now“ ist musikgewordener Herbst – die Ahnung von dem, was Dich im nächsten Frühling wieder ereilt, gepaart mit Wehmut um das, was war und Sehnsucht nach dem, was Du gerade nicht hast. Das schöne daran: diese Platte ist nicht weinerlich, wütend oder verzweifelt. Diese Platte ist ehrlich. Verträumt. Grandios.

Mehr über Howie Day im dunkelblau Weblog gibts hier!

Gib mir Musik: Olli Schulz & der Hund Marie – Durch die Nacht

Ein Lied des sympathischen Sängers Olli Schulz. Um Mißverständnissen vorzubeugen: dieses „Durch die Nacht“, von dem hier die Rede ist, hat nichts mit dem gleichnamigen Silbermond-Stück zu tun. Gefunden habe ich dieses nette Stück Musik auf der Homepage des Herrn Schulz. Wer sich für weitere schrullig-herzliche Songs dieser Art interessiert, dem sei das Album „Brichst Du mir das Herz, dann brech ich Dir die Beine“ ans Herz gelegt. Fürs erste hier aber ein Song, der uns gut durch die Nacht bringt (per Rechtsmausklick).