Neue Musik: Bon Iver, x ist y?, Pancho's Lament, Antony & The Johnsons u.a.

Finde Gefallen daran, manche Platten schnell, knapp und in noch viel weniger als sieben Sätzen anzusprechen. Deswegen hier ein weiterer Überblick über neue Musik, die mir in den letzten Tagen untergekommen ist.

Rokia Traoré – Tchamantché (2008 )
Klasse Musik, die nur leider unter die grauslige Kategorie „Weltmusik“ fällt. Bin durch NPR auf diese Frau aus Mali aufmerksam geworden. Sanfte, sehr ungewohnt instrumentierte Musik, über der eine fremde, melancholische Stimme schwebt – die mal auf französisch, meistens aber in ihrer Muttersprache Bambara singt.

x ist y? – Igitt Pop (2008 )
Die 2008er Platte der Herren von x ist y?, mit denen ich seit vielen Jahren befreundet bin und schon oft die Bühne teilen durfte. Indierock zwischen Bombast- und Probenraumsound, musikalisch wie textlich cleverst durchdacht und aufwändig durchkomponiert. Wünsche mir, dass dieser Band mehr öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird als bisher.

Antony & The Johnsons – The Crying Light (2009)

Manchmal dauert’s ja etwas länger, bis bei mir der Groschen fällt. Dafür ist er diesmal umso heftiger gefallen. „I Am A Bird Now“ fand ich ja ganz nett, „The Crying Light“ kriegt mich so richtig. Dieses Album ist wunderschön, die letzten Tage wären ohne Songs wie „One Dove“ oder „Her Eyes Are Underneath The Ground“ undenkbar gewesen.

Pancho’s Lament – 3 Sides To Every Story (2009)
Das dritte Album von Jeff Cohen alias Pancho’s Lament. Der Mann, der gemeinsam mit Chris Barron die Über-Platte „Pancho And The Kid“ schrieb, gibt mal wieder ein paar Stücke aus seiner Songwriter-Werkstatt zum Besten. Cohen versteht es einfach, eingängige, gefällige Popsongs zu schreiben – beste Unterhaltung, in den schwächeren Momenten ein wenig beliebig, meistens aber ungemein zwingend und kurzweilig.

Bon Iver – Blood Bank (2009)
Neue EP von Bon Iver: zu hoffen, sie würde genau so ein Jahrhundertwurf werden wie „For Emma…“, wäre sicherlich töricht gewesen. Also: Erwartungen runterschrauben, und dann angenehm überrascht werden! Drei der vier Songs find ich super, nur „Babys“ will bei mir nicht so recht zünden. Immer noch fantastisch, Bon Iver.

True Nature – Feels Like Centuries (2009)
Wie bei Pancho’s Lament handelt es sich auch bei True Nature um einen Act aus dem weiteren Umfeld der Spin Doctors-Bandmitglieder Aaron Comess und Chris Barron. Beide sind hier auch dabei (Drums, Backing Vocals), aber stellen sich voll und ganz in den Dienst der Sache: sehr „groß“ produzierter Rockpop mit Anleihen an Coldplay und U2, nur nicht ganz so gefällig bzw. beliebig. Spannende EP, hervorragende Produktion. Zu haben bei iTunes.

The Wombats – A Guide To Love, Loss & Desperation (2007)

Okay, wenn ich schon im Urlaub Freunde in Liverpool besuche, die am Lipa lernen, dann war es irgendwie zwangsläufig, dass ich mir nun endlich mal die Wombats-Platte in Gänze gönne. Die Herren haben nämlich auch an Maccas Popkaderschmiede studiert, auch, wenn sie das der Credibility wegen gerne unterschlagen. Hmm… Netter Pubrock halt, ein paar geile Hooks, insgesamt ist mir das aber etwas zu schrömmelig. „Let’s Dance To Joy Division“ und „Here Comes The Anxiety“ sind zwei echte Geniestreiche.

New York Electric Piano – King Mystery (2008)

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Tastengenie Pat Daugherty hat aufgerüstet. Bestritt er die ersten vier Alben seines Urban-Jazz-Projektes New York Electric Piano nahezu exklusiv mit seinen Partnern Tim Givens (Bass) und Aaron Comess (Drums), sind NYEP auf King Mystery vom Trio zum Septett gewachsen. Und das erweitert den musikalischen Kosmos der New Yorker Jazzer enorm: Saxophone, Flöten, Gesänge, sogar Klänge eines selbskreierten Instruments namens Samchillian sind zu vernehmen. Die zusätzlichen Mitglieder machen den Gesamtsound farbiger und abwechslungsreicher, ohne dass das charakteristische des NYEP-Sounds verloren geht. Zappeliger, unruhiger, behaarlich groovender Großstadtjazz ist das, mit unerwarteten Wendungen und – im nächsten Augenblick – nahezu klassischen Improvisationen. Zusammengehalten wird das nach wie vor von Daughertys Ausnahme-E-Piano und dem durchdringenden Comess-schem Schlagzeugspiel. Fünf Alben in sechs Jahren – beim Einfallsreichstum und der Spielfreude von NYEP kann man nur hoffen, dass mindestens noch mal so viele gute Alben folgen.

Hörprobe aus King Mystery:
New York Electric Piano – Legend Of Baj (mp3)

randomi7er vom 5. Oktober 2008

The Uglysuit – Everyone Now Has A Smile. Höre ich grade zum ersten Mal, den Song – liegt daran, dass ich mir diese Platte auch eben erst bei eMusic besorgt habe. Stimme klingt ein wenig nach Conor Oberst, das Arrangements ist groß bis bombastisch – schön, mag ich.

R.E.M. – Imitation Of Live (MTV Unplugged). War nie wirklich Fan von R.E.M., irgendwie gut finde ich sie trotzdem. Und „Imitation Of Live“ ist ein super Song – allerdings gefällt mir die Albumversion dann doch besser als diese etwas behäbig-routinierte Unplugged-Fassung.

G. Love & Special Sauce – Back Of The Bus (A Year & A Night live). G. Love ist super: vielleicht nicht der versierteste Songwriter der Welt, aber ein Performer vor dem Herrn. Ich mag diese Mischung aus Pop, Rap, Blues und Rumgejamme sehr und finde diese Version von „Back Of The Bus“ sehr, sehr schick.

Joan Osborne – I’ll Be Around. Joan interpretiert auf „How Sweet It Is“ (von der dieser Song stammt) Soulstandards – und das äußerst gekonnt: mir gefällt, wie sie sich voller Respekt die Stücke zu eigen macht, und sie dennoch ins Hier und Jetzt übersetzt und nicht in den Siebzigern (oder so) kleben bleibt. Ja, Joan ist eine begnadete Interpretin.

Willie Nelson & Sinéad O’Connor – Don’t Give Up. Genau, das „Don’t Give Up“ von Peter Gabriel, das mit Kate Bush. Die Version von Willie und Sinéad (7 Minuten!) gehört zum besten, was ich jemals in meinem Leben gehört habe: dieser knarzige Country-Barde trifft auf die (stimmlich) gerade-noch-so jugendliche Sinéad, eine gewagte Kombination, die auf ganzer Linie gewinnt. Gott, ist das kitschig. Gott, ist das gut.

Jamie Laboz – The Darkness. Mr. Laboz hat letztes Jahr eine Art Öko-Rock-Oper geschrieben, die in voller Länge dann doch eher eine Geduldprobe ist als ein Hörgenuss. Auf meinem iPod, weil Aaron Comess von den Spin Doctors auf dieser Platte Schlagzeug spielt. Der Song selbst ist ein Blues, arrangiert irgendwo zwischen Krautrock und dem Gary Moore der frühen Neunziger – sehr speziell, aber dann doch alles andere als schlecht.

Katie Melua – Mockingbird Song. Die Melua finde ich einfach nett – und das ist absolut nett gemeint. Nette Stimme, nette Arrangements, nette Songs. Das isses dann aber auch schon.

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